Sonntag, 14.12.2025

Exif Recherche hat einen ausführlichen Bericht über die rechtsradikale Buchmesse „Seitenwechsel“ in Halle veröffentlicht: Inside «SeitenWechsel» – Verdeckt auf der extrem rechten Buchmesse:
„Am 8. und 9. November 2025 fand in Halle (Saale) in Sachsen-Anhalt erstmals die Buchmesse «SeitenWechsel» statt. Die Veranstaltung inszenierte sich als Gegenmodell zu etablierten Buchmessen und bot so einem breiten rechten Spektrum eine Plattform – von bürgerlich-konservativen Strömungen, über Initiativen aus der sogenannten Neuen Rechten, bis hin zu extrem rechten und neonazistischen Organisationen. Die Veranstaltung vereinte Milieus, die im öffentlichen Raum selten so offen sichtbar nebeneinander auftreten. Nach Eigenangaben besuchten mehr als 6.000 Menschen die Messe.
Schon im Vorfeld entlarvte der Organisations-Kreis der Buchmesse, was sie unter Meinungs- und Pressefreiheit verstehen, denn nur in Begleitung und unter Kontrolle von Aufsichtspersonen sollten sich ausgewählte Journalist*innen in der Messehalle bewegen dürfen. Foto- und Filmaufnahmen waren grundsätzlich untersagt. Eine kritische Berichterstattung sollte systematisch verhindert werden. Frei bewegen konnten sich hingegen die rechten Medien-Projekte «Utopia TV», «Auf 1 TV» und «Schmidtkes Welt» – ein YouTube-Projekt des langjährig aktiven Neonazis Sebastian Schmidtke, der noch 2024 für «Die Heimat» (ehemals NPD) kandidierte. Nur die eigenen, wohlwollend inszenierten Bilder sollten von der Messe nach draußen gelangen.“

Auch eine umfangreiche Bilder-Galerie aus dem verdeckt gedrehten Material wurde online gestellt:
„Mit dem Einsatz einer versteckten Kamera sollte diese Strategie der Selbstverharmlosung gebrochen und der interessierten Öffentlichkeit ein kritischer Blick auf das extrem rechte Event ermöglicht werden. Anhand des vorliegenden Video-Materials können im folgenden Personen und Zusammenhänge vorgestellt werden, die bislang unentdeckt blieben, in der Summe für eine analytische Betrachtung der Buchmesse allerdings relevant sind.“
Über die Messe-Organisatorin Susanne Dagen und die offen auftretenden rechtsradikalen Gäste – von Hans-Georg Maaßen und Helmut Roewer über Götz Kubitschek, Philip Stein, Dubravko Mandic und Dieter Stein bis hin zum Kabarettisten Uwe Steimle – wurde bereit berichtet.
Aber einige der Teilnehmer wollten lieber nicht erkannt werden: Der als „Shlomo Finkelstein“ bekannte Youtube-Troll Aron Pielka vermummte sich während seines Auftritts vergeblich mit einer weißen Skimaske.
Auch prominente Neonazis nahmen als Aussteller und Besucher an der Messe teil: Pierre Dornbrach alias „Peter Steinborn“ und Paul Rzehaczek vom „MetaPol"-Verlag, an deren Stand auch Björn Clemens, der IB-Mitgründer Alexander Markovics, der Berliner Nazi Steffen Nickel und der Nazi-Autor Peter Feist auftauchten. Den Stand des „Freie Sachsen“-Magazins „Aufgewacht!“ betreuten Michael Brück und der Chemnitzer Robert Andres, anwesend war dort auch der NPD- bzw. „Die Heimat“-Funktionär Ronny Zasowk. Am Stand seines „Zeitenstrom Antiquariats“ verkaufte Heinrich Mahling SS-Literatur. Als Messebesucher fielen Henrik Ostendorf, Roland Wuttke und Manfred Dammann aus Niedersachsen auf: „Er war langjähriger Stratege und Funktionär der NPD, und gilt als Initiator des heutigen Neonazi-Zentrums «HeimatHof» (ehemals «Hof Nahtz») im niedersächsischen Eschede. Aktuell ist Dammann Mitbetreiber des YouTube-Kanals «Nordland TV», unter den beliebtesten Videos findet man dort den Beitrag „Ursula Haverbeck gibt nicht auf – Neue Chance im Rechtskampf“. Am Stand des Neonazi-Verlags «Lesen & Schenken», betrieben von Dietmar Munier mit Sitz in Martensrade (Schleswig-Holstein), fand sich in Halle wiederum der langjährig aktive NPD-Funktionär Jens Lütke neben Guido Kraus ein, dem ehemaligen Chefredakteur der «Deutschen Militärzeitschrift» (DMZ), die auch mit einem Stand vor Ort war.
Als Messebesucher unterhielt sich Stefan „Björn“ Ulbrich vom „Arun-Verlag“ mit Ellen Kositza. Auch Andreas Groh war als Messebesucher in Halle: „Groh entwickelte sich in den letzten Jahren als lokaler Funktionär der Neonazi-Partei «Der III. Weg», für die er vor allem bei bundesweiten Aufmärschen im Ordnerdienst tätig ist. Mit Malwig Stelter aus dem Raum Berlin konnte ein weiteres gewaltaffines Mitglied der Neonazi-Partei auf der Messe in Halle festgestellt werden.“
Till Weckmüller betreute zusammen mit Max Leonard Hülsenbeck von der „Danubia München“ den Stand von Dubravko Mandics Anwaltskanzlei: „Mit Mandic referierte Weckmüller auf der Messe zudem zum Thema „Juristische Aufrüstung in Zeiten zunehmender Repression und Mobilmachung“. Auf diesen Vortrag machte Mara Miosga aus Dessau (Sachsen-Anhalt), gemeinsam mit Aktivistinnen der «Jungen Nationalisten», im Eingangsbereich der Messe durch das Verteilen von Flyern aufmerksam.“
Auch „Hammerskins“ nahmen an der Buchmesse teil: Auf einem Livestream war Tino Marx zu sehen, in Begleitung des NSBM-Produzenten Hendrik Möbus. Auch Steffen Hupka, inzwischen völkischer Siedler, besuchte die Messe. Michael Schäfer von „EinProzent“ betrieb den Stand seines Verlags „Hydra Comics“ und betreute dort den Münchner Zeichner Gerhard Schlegel, der das Pseudonym „Rango Wohlgemut“ nutzt. Am „EinProzent“-Stand trieben sich die Chemnitzer Nazis Benedikt Kaiser und Tom Zimmermann herum. Alexander Deptolla traf auf der Messe die österreichischen „Identitären“ Yannick Wagemann und Johnny Mühlmann. Der Stand der deutschen „Identitären“ wurde von Vincenzo Richter und Maximilian Märkl betrieben. Der „Identitäre“ Till-Lucas Wessels war gemeinsam mit der Inhaberin Claudia Maria Schlegl am Stand des Verlags „klein & ehrlich“ zu finden, für den er als Autor schreibt. Und am Stand des IB-Portals „Blitzwissen“ zeigte sich der Wiener Stefan Kreuzwirt gemeinsam mit Linus Ammer vom völkischen „Alberich-Verlag“.