Freitag, 02.06.2017

Durch die Hintertür, versteckt in einem Gesetz zur „Steigerung der Effizienz der Strafverfolgung“ durch u.a. Fahrverbote als Nebenstrafe, soll noch vor der Sommerpause des Bundestags eine Gesetzesverschärfung zum großflächigen Einsatz von Staatstrojanern verabschiedet werden. Die „Quellen-TKÜ“ soll demnach zukünftig auch gegen Alltagskriminalität eingesetzt werden und immer dann erlaubt sein, wenn auch eine Telefonüberwachung erlaubt wäre. Und die weitergehende „Online-Durchsuchung“ mittels staatlichem Trojaner soll immer dann eingesetzt werden dürfen, wenn auch eine Wohnraumüberwachung zulässig wäre. Diese geplante Gesetzesverschärfung reiht sich in den fast im Wochentakt erfolgenden Ausbau des Überwachungsstaats ein, mit der Gründung der Überwachungsbehörde Zitis und der digitalen Aufrüstung der Bundeswehr, der Legalisierung privater Kameraüberwachung im öffentlichen Raum einschließlich des Einsatzes „intelligenter“ Kameras zur Gesichtserkennung und der automatischen Kennzeichenerfassung durch die Bundespolizei. Beschlossen wurde die Aufweichung von Grundprinzipien des Datenschutzes durch die übertriebene Umsetzung der EU-Datenschutzgrundverordnung auf deutscher Ebene, die Verschärfung des Strafmaßes für Angriffe auf Bullen und das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung von Fluggastdaten. Weitere Gesetzesverschärfungen gibt es mit der Erfindung der juristischen Kategorie „Gefährder“ und der Novellierung des BKA-Gesetzes zur Einführung elektronischer Fußfesseln für „Gefährder“ sowie einer umfangreichen BKA-Datenbank, auf die alle Polizeibehörden zugreifen können sollen. Dazu kommt die Legalisierung des automatisierten Zugriffs auf die biometrischen Passfotos der Meldeämter durch Bullen und Geheimdienste, die Durchsuchung von Handys von AsylbewerberInnen, ein noch in Diskussion befindliches, gegen Hasspostings auf Facebook gerichtetes Netzwerkdurchsetzungsgesetz und die Ausweispflicht beim Kauf von Prepaid-SIM-Cards, die zeitgleich zur Vorratsdatenspeicherung am 1. Juli in Kraft treten soll. Im Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung ist zudem ein neuer Paragraph zur Einschränkung der Pressefreiheit über den Vorwurf der Datenhehlerei versteckt. Noch in der Diskussion befinden sich drei geplante Gesetzentwürfe zur Ausweitung von DNA-Analysen (PDF). Mit einer EU-Förderung des „VISAGE-Projekts“ in Höhe von 5 Millionen Euro wird dazu die wissenschaftliche Erforschung der erweiterten DNA-Analyse für die polizeiliche Ermittlungsarbeit vorangetrieben. Am 9. und 10. Juni findet in Freiburg ein kritisches Symposium zu erweiterten DNA-Analysen in der Forensik statt.