Freitag, 08.09.2023

Ein Zollbeamter hat die Adresse des baden-württembergischen Journalisten Timo Büchner an einen Nazi des „Nord Württemberg Sturm (NWS)“ weitergegeben, obwohl eine Auskunftssperre für Büchners Adresse in Kraft war. Büchner hatte am 13. Januar 2021 einen Zeit-Artikel über die Nazigruppe „Junge Revolution“ (JR) und ihren Ableger NWS veröffentlicht.
Kurz danach gab es Razzien bei der Nazigruppe „Junge Tat“ (JT), dem Schweizer JR-Pendant, und „fünf Männer im Kanton Zürich und ein Mann im Kanton Luzern“ wurden verhaftet. Am 28. Januar 2021 gab es dann Hausdurchsuchungen in Baden-Württemberg, beim „Nord Württemberg Sturm“ im Landkreis Schwäbisch Hall.
Bei der Auswertung eines der beschlagnahmten Mobiltelefone wurden nach Informationen des Bayerischen Rundfunks Threema-Chats der Hooligangruppe „Green Boyz“ des Schweinfurter FC gefunden. In der Gruppe postete der Zollbeamte im September 2020: „Ich habe gerade rausgefunden, dass ich zum Adresse abfragen nur Name und Vorname brauche, wenn er keinen Allerweltsnamen wie Meier, Müller, Schmidt hat“.
Der BR schreibt: „Laut den Akten fragte der Neonazi [...] den Zollbeamten Andreas M. in einem privaten Chat nach den Hausdurchsuchungen, ob dieser für ihn die Adresse des Journalisten Büchner aus dem Behördensystem abfragen könne. So erkundigte sich [der Nazi] in einem Chat mit dem Zollbeamten: ,Ahoi Andreas, könntest du für mich evtl. über eine Person in Erfahrungen bringen, wenn ich dir einen Namen gebe?‘ Der Zollbeamte antwortete: ,normal schon, ja‘.
Der Neonazi übermittelte daraufhin den Namen des Journalisten, seinen ursprünglichen Wohnort und eine frühere Adresse von Büchner. Der Beamte suchte daraufhin im Behördencomputer die aktuelle Adresse des Journalisten und das genaue Geburtsdatum heraus und gab auch diese Informationen an den Neonazi weiter. Diesen Akten zufolge hat der Zollbeamte auch eine weitere Adresse eines jungen Mannes aus Würzburg aus der Behördendatenbank herausgesucht und dessen Daten an [den Nazi] weitergeleitet. Es ist die private Anschrift eines jungen Mannes, den die Behörden als Anhänger der Ultra-Fanszene der Würzburger Kickers einstufen. Die Ultragruppierungen der Würzburger und Schweinfurter sind verfeindet.“
Der Zollbeamte wurde angeklagt und wegen „Verletzung des Dienstgeheimnisses in zwei tatmehrheitlichen Fällen“ per Strafbefehl zu 90 Tagessätzen rechtskräftig verurteilt. Damit entging er sowohl einer öffentlichen Hauptverhandlung als auch einer Vorstrafe. „Das Hauptzollamt Schweinfurt will sich zum konkreten Fall nicht äußern. Generell werde laut Hauptzollamt bei nachgewiesenen Dienstpflichtverletzungen ein Disziplinarverfahren gegen den Beamten eröffnet. Je nach Schwere des Dienstvergehens könnten Disziplinarmaßnahmen von einer Geldbuße, über eine Kürzung der Dienstbezüge bis zur Entlassung aus dem Beamtenverhältnis reichen. Der Zollbeamte Andreas M. ist nach BR24-Informationen weiter im Dienst.“